10.11.2008: Hurra, die Welt hat einen neuen starken Mann!!!

Pünktlich zum 70. Jahrestag der Reichspogromnacht (das andere - bekanntere - Wort dafür ist ja politisch inkorrekt) hat sich also die Weltmacht einen neuen Vorstand gegeben - und alle sind glücklich. Obama-Girls, wohin man blickt und selbst auf der MTV Europe Music Awards-Gala haufenweise Barack-geschmückte Büsten. Würde der Hawaiianer noch wie Bill Clinton ein Instrument beherrschen, es wäre furchtbar eng für "Tokyo Hotel" geworden...
Willkommen also in der schönen neuen Welt, in der sich alle wieder liebhaben - vor allem wir Europäer die Amis! - und ab nun wird alles anders werden, versprochen! Schließlich hat G.I. Joe jetzt'n neuen Knüppel und mit dem werden nur noch Streicheleinheiten verteilt, denn nun ist wieder Wandel ("Change") angesagt...

Der Schaumgeborene aus Baywatch
Honolulu
Ich stell mir das richtig klasse vor, wie das werden wird, wenn die weltgrößte Militärmaschinerie aus all den Konflikten herausgezogen wird, die durch deren Präsenz in den betreffenden Weltgegenden seit Jahren am Kochen gehalten werden. Wie die so freiwerdenden Ressourcen zur Milderung des Flüchtlingselends in Darfur oder Goma eingesetzt werden. Wie das weltgrößte Finanzloch gestopft werden wird, ohne (überall übrigens!) die Armen ärmer und die Reichen reicher zu machen. Wie der Treibhauseffekt sich in den nächsten drei Jahren umkehren wird. Wie das sein wird, wenn die Wirtschaft wieder für die Menschen da sein wird und nicht umgekehrt. Und und und...
Wem das alles zu optimistisch klingt - isses ooch! Aber schlußendlich bin ich ja auch als Deutscher laut Volker Pispers (politischer Kabarettist aus'm Rheinland) sowieso'n bißchen schizo: Finde zu 70 % die Arbeit meiner Regierung Scheiße und geichzeitig das Auftreten meiner Regierungschefin toll. Bin zu zwei Dritteln gegen die Hartz IV-Gesetzgebung und wähle dafür aber auch am liebsten jene Parteien, die genau diese Gesetze verbrochen haben. Rauche immer noch, obwohl ich damit - als Pazifist! - die deutsche Vorwärtsverteidigung am Hindukusch sponsore. - Ich laß mir ja sogar seit 18 Jahren pausenlos von westdeutschen Soziologen, Geschichtswissenschaftlern, Feuilletonisten und TV-Redakteuren "meine" verflossene Diktatur erklären, obwohl ich im Gegensatz zu denen die letzten 23 Jahre des "Unrechtsstaates" DDR live und nicht bloß in "Kennzeichen D" oder auf den Transitstrecken nach "Dreilinden" oder "Marienborn" erlebt habe...

Der äquatorialguineische
Obama
Aber zurück zu der frohen Botschaft des vergangenen Dienstag: Was kann Obama tun, um Anfängerfehler zu vermeiden? Also, ich empfehle da zunächst erstmal einen Antrittsbesuch in der Republik Äquatorialguinea. Das Land ist nicht nur Diktatur in zweiter Generation sondern auch drittgrößter schwarzafrikanischer Erdölproduzent. Zwei Gründe, die unter Bush sicher schon für die eine oder andere humanitäre Intervention ausgereicht hätten, wenn George W. einfach bloß in der Lage gewesen wäre, das Operationsgebiet seiner Streitkräfte sicher einzugrenzen. Fatalerweise heißen ja nun gleich drei afrikanische Staaten irgendwie Guinea (Guinea, Guinea-Bissau und eben Äquatorialguinea) und das ist halt schwierig für einen unterbelichteten Sprachlegastheniker. Am wichtigsten ist aber vielleicht, daß in der äquatorialguineischen Hauptstadt Malabo mit Ricardo Mangue Obama Nfubea ein prominenter Gesprächspartner zur Verfügung steht, der auch zur Zeit nichts weiter zu tun hat.

Der seit drei Monaten gewesene Premierminister des zentralafrikanischen Landes kann dem werdenden US-Präsidenten sicher kompetent Rede und Antwort stehen, wenn es darum geht, wie man durch Korruption und Vetternwirtschaft ins Amt gelangt und was geschehen kann, daß man aus den gleichen Gründen wieder daraus entfernt wird. Da kann dann eigentlich jeder was draus lernen und weil vielleicht zwischen Namensvettern auch auf einer ganz besonderen Basis kommuniziert wird, könnte so vielleicht sogar eine ganz neue Art transatlantischer Partnerschaft entstehen.
Für das besuchsobligatorische Sightseeing empfiehlt sich dann jedenfalls unbedingt ein Trip zur idyllisch im Südatlantik gelegenen Insel Annobón (port. "Gutes Jahr"!), auf der seit 20 Jahren mit Erlaubnis des äquatorialguineischen Staatspräsidenten Obiang für 200 Mio. $ pro Jahr westlicher Gift- und Atommüll neben den Fischerhütten der Einheimischen verbuddelt wird.
Im Anschluß an jene aufschlußreiche Visite kann sich Barack Obama dann der Frage stellen, wie er das eben Gelernte nun in praktische Politik umsetzt. Wie er jenen Satz seines politischen Vorbildes Franklin D. Roosevelt wieder mit Leben erfüllen will, der da lautet: "...der einzige Weg, einen Freund zu haben, ist, einer zu sein." Er wird sich allerdings auch fragen müssen, wessen Freund er denn sein möchte: Der des anderen Obama, des Ex-Schergen von Schlächter Obiang, oder der des äquatorialguineischen Volkes, das von den beiden unterdrückt, beraubt und vergiftet wurde...

Ich bin also WIRKLICH sehr gespannt, wie der angekündigte Wandel in Praxis aussehen wird und wenn demnächst amerikanische Freundschaftsbesuche nicht mehr von Bombenschlägen auf afghanische Familienfeiern begleitet sein sollten, könnte meine diffuse Hoffnung künftig auch wieder konkreter werden. Bis dahin...