11.11.2004: Narhalla lebt! |
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Für Hyperboräer wie mich ist der 11. November normalerweise kein Datum, das einer besonderen Betrachtung wert wäre. Obwohl auch meine thüringische Heimat eine Anzahl so genannter Karnevalshochburgen aufweist, wäre also der "Beginn der 5. Jahreszeit" an sich kein Grund für eine extra Kolumne gewesen, hätten nicht die Ereignisse der zurückliegenden elf Tage in mir die Vermutung genährt, daß die diesjährige Session deutlich breitere Kreise als sonst zu ziehen scheint und dabei auch die Gefilde der "Hohen Politik" keineswegs verschont. An der Stelle scheinen ein paar diskordische Randnotizen mehr als nur angebracht... | In Vorbereitung kommender Präventivmaßnahmen gegen Iran ordnete das US-Heimatschutzministerium eine vorsorgliche Überprüfung von Perserkatzen auf Sprenggürtel an. Hier die Spezialeinheit beim Training. |
Nährte schon das CDU-Gehacke um den künftigen Karnevalsprinzen
für Angela Merkel den Verdacht, daß die Faschingssaison dieses
Jahr früher als sonst eröffnet werden würde (mit dem "freiwilligen"
Verzicht eines der aussichtsreichsten
Bewerber ist das für's erste abgehakt, wenn auch - natürlich
- gar nichts entschieden ist...), legte wenige Tage später auch die
bayrische Schwesternpartei einen bühnenreifen Büttenauftritt auf's
Parkett, um kurz darauf das närrische Dreigestirn Eichel-Klement-Schröder
auf den Plan zu rufen. Während die Klerikal-Fundamentalisten von der
CSU öffentlich eine Klage beim Bundesverfassungsgericht gegen den (aus
Amerika importierten) Halloween-Mummenschanz zu Allerseelen (zeitgleicher
katholischer Feiertag zum Totengedenken) erwogen, starteten Schröder
& Co. einen Versuchsballon zur Abschaffung des Nationalfeiertags. Beide
Initiativen wurden denn auch in der Öffentlichkeit als verfrühte
Karnevalsscherze betrachtet und beinahe einhellig abgeschmettert. Global betrachtet fügten sich jene Vorgänge nahtlos in eine politische Großwetterlage ein, in der einerseits die Jecken in Amerika ihren bigotten Legastheniker im Amt bestätigten, während in einem Militär-Hospital bei Paris ein unappetitliches Satyrspiel um den fast schon toten Arafat seinen Lauf nahm, das ziemlich an Thronfolgestreitereien an einem mittelalterlichen Fürstenhof erinnerte. Vor diesem Hintergrund verblassen dann freilich etwas die Jubelorgien zum 15. Jahrestag der Maueröffnung, welche ohnehin immer etwas getrübt werden, da man am gleichen Tag (9. November) dank geschichtlicher Ironie des gescheiterten Hitlerputsches (1923) und der Reichskristallnacht (1938) gedenken muß. Übrigens: Statt "Reichskristallnacht" sagt man heute politisch korrekt "Reichspogromnacht", nur stellt sich m.E. durch diesen Begriff der zeitliche Bezug schwerer her; man kann das Gedenken an dunkle Seiten der Geschichte eben so oder so hintertreiben... Unglaublichen Scharfsinn haben des weiteren noch die unermüdlichen Sprachneuschöpfer bewiesen, indem sie meiner Sparte der kolumnenproduzierenden Internetpublizisten einen neuen Namen verpaßten: Pyjamaheddin! Weil wir angeblich sofort, nachdem wir unsere Schlafstatt verlassen haben - noch im Schlafanzug - zu unserem Computer stürzen, um dem www unsere, wahrscheinlich im Schlaf empfangenen, Erkenntnisse und Weisheiten anzuvertrauen. Soweit es mich betrifft, zuviel der Ehre! Ohne vorheriges Frühstück rühre ich morgens keine Finger! Immerhin haben wir so wieder einen, wahrscheinlich aber aussichtlosen Bewerber für das Unwort des Jahres. Ich harre gespannt der weiteren Narreteien, die noch kommen werden... |