DAS WEIHNACHTSKREMATORIUM

Liebe Kinder!
Zu einer Zeit, da die Haare noch Spaghetti waren und immer die Köpfe auf der Hochebene von Schikania rollten, wenn der Webfehler zur alljährlichen Teigwarenernte blies, gab es noch den guten alten Brauch des Weihnachtskrematoriums, den sich die rüden Druiden zur Zeit ihrer unumschränkten Herrschaft über die Schlafmohnplantagen im Tal des ewigen Lächelns ausgedacht hatten.
Nach jenem Brauch versammelten sich alle Druiden in einer klaren kalten Winternacht in einer Höhle in den Hirschhornbergen, entzündeten das Herdfeuer und begannen, ihren Schwedenpunsch zu brauen und ihre Spaßkekse zu backen.
Wenn dann jeder Druide eine andere lustige Geschichte aus dem Kaffeesatz gelesen hatte, packte der Oberdruide die Fingerknöchel aus, damit die fröhliche Bande die Beteiligten am Weihnachtskrematorium waidgerecht bestimmen konnte.
Man benötigte nämlich ein Krematorium, einen Tannenbaum und den Weihnachtsmann.

Das Krematorium zu bestimmen war noch recht einfach: Man nahm einen der nahegelegenen Vulkane oder ließ einen vorüberfliegenden Kometen neben der Höhle einschlagen. Zur Not genügte aber auch ein halluziniertes Krematorium oder sogar das Herdfeuer...
Demgegenüber war es dann schon erheblich schwieriger, eine einvernehmliche Einigung in Hinblick auf die übrigen Teilnehmer der Veranstaltung zu finden, da jeder Druide Weihnachtsmann und keiner der Tannenbaum sein wollte. - Also mußten auch hier, wie in allen Streitfällen der rüden Druiden, die Knöchel entscheiden.

Man knöchelte so lange, bis einer der Druiden seine Knöchel verschluckt hatte und gar schrecklich zu würfelhusten begann. Das fanden die restlichen Druiden dann immer so widerlich, daß Sie kurzerhand den Würfelhuster zum Tannenbaum kürten. - Nun fehlte bloß noch der Weihnachtsmann, und das Weihnachtskrematorium konnte beginnen.
Meistens wurde dann derjenige Druide Weihnachtsmann, welcher den Arsenkeks erwischt hatte, den der Oberdruide immer neckischerweise im Spaßgebäck zu verstecken pflegte. - Wer nämlich so amüsant die Backen aufblasen und mit den Augen rollen konnte, der würde auch sicher ganz anständig mit seiner Rute fuchteln können.
Jetzt war es höchste Zeit, den Tannenbaum zu schmücken. Dazu wurde dieser mit Nadeln und Dartpfeilen gespickt, mit bunten Wattebäuschen beworfen und mit lustigen Papiergirlanden verziert. Außerdem bekam er natürlich Tannenzapfen in Ohren und Mund gesteckt. Anschließend brachte der Oberdruide einen Toast auf den Weihnachtsmann aus und alles stürzte sich auf die letzten Spaßkekse und den restlichen Schwedenpunsch. - Langsam aber sicher war der Höhepunkt des Krematoriums erreicht.
Unter Hochrufen begann jetzt der Weihnachtsmann, den nunmehr ausgedienten Tannenbaum einzuäschern und die lustige Gesellschaft mit Eiszapfen und Vulkanschlacke zu bewerfen. - Wenn der Arsenkeks allerdings zu stark oder aber zuviel Aqua obscura im Schwedenpunsch gewesen war, konnte es auch schon mal passieren, daß statt des Tannenbaums ein Weihnachtsmann im Feuer landete. - Aber kein richtiger rüder Druide ließ sich von derartigen kleineren Mißgeschicken die Laune verderben. Die Hauptsache am Weihnachtskrematorium war schließlich, daß Verschiedenes verfeuert wurde...

Ob nun Weihnachtsmann oder -baum, war ja im Grunde egal. War beides doch mindestens genauso spaßig wie die rituelle Keilerei, mit der ein zünftiges Weihnachtskrematorium traditionell zu enden pflegte. - Die überlebenden Druiden waren jedenfalls immer hellauf begeistert und fieberten dem nächsten wieder mit Ungeduld entgegen...

Jaja, liebe Kinder, so schöne Bräuche gab es in der Vorzeit. Doch leider haben die rüden Druiden vergessen, genügend Nachwuchs anzulernen, so daß der letzte Weihnachtsmann sich ziemlich allein vorkam, nachdem er den letzten Tannenbaum verkokelt hatte.
So geriet das Weihnachtskrematorium in Vergessenheit und die Spaghetti degenerierten zu langweiligen, überdies ungenießbaren Haaren, da Webfehler fortan nur noch in schlecht gewirkten Textilien vorkamen.
Seitdem müssen wir Teigwaren in Plastetüten abgefüllt im Supermarkt kaufen, ist der Weihnachtsmann eine Schokoladenfigur oder ein fusselfressiger Pädophiler, mit dem verantwortungslose Eltern ihren Nachwuchs ablichten lassen, und Tannenbäume wachsen auf den zu Wäldern umfunktionierten Schlafmohnplantagen.

In dem Sinne:
FROHES FEST !

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