27.11.2008: "Feststellung der Zugehörigkeit zu einer öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaft" |
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Mit jenem amtstrockenen Betreff war der freundliche
Brief meines Finanzamts versehen, welcher mir jüngst ins Haus flatterte.
Nach sehr persönlicher Anrede („sehr geehrter Herr …“
anstelle von – wie bisher „Steuerzahler“) hieß
es da:
„…durch die steuererhebende Stelle des Finanzamts sind wir informiert worden, dass keine ausreichenden Informationen über Ihre Zugehörigkeit zu einer der Kirchen vorliegen, die auf der Grundlage der Bestimmungen des Grundgesetzes zur Steuererhebung berechtigt sind.“ Mal abgesehen von der verschwurbelten Formulierung der Tatsache, dass
das Finanzamt selbst es ist, dem aufgefallen war, dass es mich via Kirchensteuer
zusätzlich zur Kasse bitten könne, stach mir sofort folgende
Frage ins Auge: |
Das bisherige Scheitern des rechtmäßigen Papstes Mendax Viridus I. ist wesentliche Ursache für Ho's weiter bestehendes Heidentum (Psst! Nicht dem Finanzamt sagen...) |
Was sind denn eigentlich öffentlich-rechtliche
Religionsgemeinschaften! – Bis dato war mir nämlich unbekannt
geblieben, dass Kirchen denselben Rechtsstatus wie etwa die Rundfunkanstalten
der ARD genießen sollen. Und richtig: Das mit den öffentlich-rechtlichen
Religionsgemeinschaften ist natürlich nicht so gemeint, wie ich mir
das dachte…
Kirchen sind nämlich „Körperschaften des öffentlichen
Rechts eigener Art “, einen Status, welchen Religionsgemeinschaften
nach Art. 140 Grundgesetz in Verbindung mit Art. 137 Abs. 5 der Weimarer
Reichsverfassung (guck an!) erlangen können ! – Aha!
Verwirrend in dem Zusammenhang ist, dass auch Religionsgemeinschaften,
die keinesfalls „öffentlich-rechtlich“ sind, zweifelsohne
doch Körperschaften bleiben, während andererseits selbst jene
auch nicht „öffentlich-rechtlich“ im Wortsinne sind.
Religionsgemeinschaften sind nun mal kein Teil der staatlichen Verwaltung
und unterliegen auch nicht der staatlichen Rechtsaufsicht (wie etwa öffentlich-rechtliche
Rundfunkanstalten oder staatliche Schulen), was im Übrigen auch der
gesetzlich verankerten Trennung von Staat und Kirche widerspräche.
Nichtsdestotrotz treibt aber der Staat mittels Kirchensteuer Gelder für
die öffentlich-rechtlichen Kirchen – und nur für diese!
– ein. Finanztechnisch ist die Trennung von Staat und Kirche also
nicht wirklich strikt! – Und heißt es nicht, „wes Brot
ich ess’, des Lied ich pfeif’“? – Mit der gesetzlich
verbrieften „Freiheit der Religionsausübung“ in derart
staatlich gesponserten Kirchen kann es dann meines Erachtens auch nicht
allzu weit her sein… |
...obwohl, es gibt da scheinbar noch andere Perspektiven! |
Zuckersüß in dem Zusammenhang ist noch, dass der
Gesetzgeber von öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften zwar
Gesetzestreue verlangt, nicht aber Staatstreue – hier begibt sich
mein gesunder Menschenverstand in Sitzstreik! Immerhin kann ich jetzt aber
verstehen, dass strikt republikanisch angelegte Gesellschaften wie die französische
und (ja!) US-amerikanische ihre jeweiligen Kirchen enteignet und gleichzeitig
die Möglichkeit einer öffentlich-rechtlichen Finanzierung derselben
kategorisch per Gesetz ausgeschlossen haben! Allerdings zeigt das amerikanische
Beispiel auch, dass rein private Spendentätigkeit durchaus in der Lage
sein kann, religiösem Fundamentalismus zu politischem Einfluss zu verhelfen…
Das und vieles andere mehr ging mir durch den Kopf, als ich mich entschloss,
der „steuererhebenden Stelle“ folgendes Antwortschreiben zukommen
zu lassen: |
„Liebes Finanzamt, seit meiner Geburt befinde ich mich im Zustand des Heidentums, welcher sich im Laufe der Jahre, unberührt von gewissen rein intellektuellen esoterischen Neigungen, welche im Übrigen auch keinerlei fiskalische Relevanz haben, zu einem grundsätzlichen Atheismus gewandelt hat. Verantwortlich für diesen meinen Werdegang sind vor allem mein streng atheistisches Elternhaus, eine ähnlich gelagerte Erziehung während meiner Schulzeit, sowie eigene Studien vor allem der geschichtlichen Entwicklung der in unseren Breiten tätigen Amtskirchen. Hiermit erkläre ich feierlich, nie zu anderen als hygienischen Gründen gebadet worden zu sein bzw. vergleichbares an mir selbst vorgenommen zu haben. Insbesondere dienen auch meine sonstigen Waschungen ausschließlich nicht-kultischen Zwecken. Des Weiteren erkläre ich noch, obgleich dies von Ihnen nicht erfragt wurde, dass ich auch keiner Religionsgemeinschaft angehöre, welche schmerzhaften Initiationsriten wie etwa der Beschneidung frönen, da ich es vorziehe, mir meine körperliche Unversehrtheit lieber durch ungesunde Lebensweise, sportliche Betätigung oder handwerklichen Ungeschick zu beeinträchtigen. In der Hoffnung, Ihre bezüglich meiner Gewissensfreiheit reichlich indiskreten Fragen hinlänglich beantwortet zu haben, verbleibe ich mit diskordischen Grüssen – Ihr Onkel Ho.“ Auf die Antwort der Behörde freue ich mich schon jetzt… |