Im ersten Band der Trilogie "Das Auge in der Pyramide" (2. Buch, 4.Trip) gibt es eine Szene, in der sich Hagbard mit zwei Indianern von der Nation der Mohikaner unterhält. Hintergrund bildet ein bevorstehender Prozeß, bei dem Hagbard als Rechtsanwalt die Mohikaner-Nation gegen die BIA (Büro für Indianische Angelegenheiten der US-Regierung) vertritt, welches versucht, Stammesland für ein Staudammprojekt zu enteignen:
Uncle John Feather nickte. "Ich verstehe dich. Du meinst, wir werden
wieder verlieren. Wir haben uns an das Verlieren gewöhnt. Seit George
Washington uns das Land solange versprach, wie 'der Berg steht und das Gras
grün ist', und dann sein Versprechen brach und uns in den letzten zehn
Jahren Stück um Stück abgenommen hat, haben wir verloren, immer
nur verloren. Alles, was sie uns ließen, war ein Acker von hundert
versprochenen Äckern." "Vielleicht verlieren wir auch nicht", sagte Hagbard. "Ich verspreche euch, daß das BIA dieses Mal wirklich zu spüren bekommt, daß es in eine Schlacht verwickelt ist. Natürlich lerne ich jedesmal, wenn ich wieder einmal aus dem Gerichtssaal komme, Tricks dazu. Inzwischen kenne ich so viele Tricks und kann so gerissen sein, daß ich viel sicherer bin als bei den ersten Prozessen. Ich weiß gar nicht mehr, was ich eigentlich bekämpfe. Ich nenne es das Snafu-Prinzip - ich verstehe aber auch nicht, was es ist." Es gab erneut eine Pause. Hagbard hörte das Klappern eines Mülltonnendeckels: das war Old Grandfather, der Waschbär. Er kam, um sich sein Nachtessen zu stehlen. In Old Grandfathers Welt war Eigentum bestimmt Diebstahl, dachte Hagbard. "Mir ist auch vieles rätselhaft", sagte Sam Three Arrows schließlich. "Ich habe lange Zeit in New York gearbeitet. Wie viele junge Männer der Mohikaner-Nation auf dem Bau. Die weißen Männer konnte ich gar nicht hassen, denn sie waren in vielem ebenso wie wir. Aber sie kennen die Erde nicht, und sie lieben sie nicht. Und normalerweise sprechen sie nicht aus dem Herzen. Sie sind wie Schauspieler auf der Leinwand. Sie sind nicht von der Tugend berufen, sondern von ihrem Geschick, Rollen zu spielen. Jemand anderes zu spielen. Weiße haben mir das selbst in einfachen, schlichten Worten gesagt. Sie haben kein Vertrauen in ihre Häuptlinge, und dennoch folgen sie ihnen. Wenn wir einem Häuptling mißtrauen, dann ist es aus mit ihm. Dann haben die Häuptlinge der Weißen zuviel Macht. Es ist nicht gut für einen Mann, wenn ihm immer nur gehorcht wird. Am schlimmsten ist noch das, was ich über ihre Herzen gesagt habe. Ihre Häuptlinge haben es verloren, und damit haben sie auch ihre Barmherzigkeit verloren. Sie sprechen von woanders her, sie handeln von woanders her. Aber von woher? Ich weiß es ebenso wenig wie du. Es ist, denke ich, eine Art Wahnsinn." Er sah Hagbard an und fügte höflich hinzu: "Manche sind anders." Für Uncle John Feather war das seine lange Rede gewesen, irgend etwas schien ihn zu bewegen. Er fuhr fort: "Ich war in der Armee, und wir kämpften gegen einen schlechten weißen Mann; so sagten sie uns jedenfalls. Wir hatten Versammlungen, die Ausbildung und Orientierung genannt wurden. Sie zeigten uns Filme, um uns zu beweisen, daß dieser schlechte weiße Mann wirklich schlecht war; was für schreckliche Dinge er in seinem Land tat. Nach den Filmen war jeder immer unheimlich wütend und wollte kämpfen. Außer mir. Ich war ssowieso nur in der Armee, weil sie mehr bezahlte, als ein Indianer sonst verdienen konnte. So war ich auch nicht wütend, sondern verwirrt. Es gab nichts, was jener weiße Häuptling tat, das die meisten weißen Häuptlinge in unserem Land nicht ebenfalls taten. Sie erzählten uns von einem Ort, den sie Lidice nannten. Es war fast genauso wie Wounded Knee. Sie erzählten uns von Familien, die Tausende von Kilometern transportiert wurden, um vernichtet zu werden. Es war ziemlich genau der Trail of Tears. Sie erzählten uns, wie dieser Häuptling seine Nation regierte, so daß niemand es wagte, ungehorsam zu sein. Es war fast wie bei den weißen Männern, die in New York bei den großen Gesellschaften arbeiteten, wie Sam es mir beschrieben hat. Ich befragte einen anderen Soldaten, einen schwarzen weißen Mann. Mit ihm war es einfacher zu sprechen als mit den üblichen weißen Männern. Ich fragte ihn, was er von der Ausbildung und Orientierung halten würde. Er sagte, es wäre eine große Scheiße, und er sprach aus dem Herzen. Ich dachte lange darüber nach, und ich wußte er hatte recht. Die Ausbildung und Orientierung waren große Scheiße. Aber laßt mich noch etwas sagen: Die Nation der Mohikaner ist dabei, ihre Seele zu verlieren. Die Seele ist nicht so etwas wie Atem oder Blut oder Knochen, und man kann sie auf viele Arten verlieren. Kein Mensch weiß genau wie.Mein Großvater hatte mehr Seele als ich, und die jungen Männer haben weniger Seele als ich. Aber ich hatte noch genügend Seele in mir, um mit Old Grandfather zu sprechen, der heute ein Waschbär ist. Er denkt wie ein Waschbär, und er ist um die Nation der Waschbären ebenso besorgt wie ich um die Nation der Mohikaner. er denkt, daß die Nation der Waschbären bald untergehen wird und mit ihr alle Nationen der freien und wilden Tiere. Das ist sehr schlimm und es macht mir angst. Wenn die Nationen der Tiere sterben, wird die Erde ebenfalls sterben. Das ist eine alte Lehre, und ich kann sie nicht anzweifeln. Ich sehe es schon jetzt passieren. Wenn sie mehr von unserem Land stehlen, um diesen Damm zu bauen, wird mehr von unserer Seele sterben und mehr von der Seele der Tiere wird sterben! Die Erde wird sterben und die Sterne werden ausgehen! Die Große Mutter selbst wird sterben!" Der alte Mann weinte. er schämte sich nicht. "Und das alles wird geschehen, weil die Menschen nicht mehr in Worten reden, sondern, weil sie Scheiße reden!" Hagbard war ganz bleich geworden. "Du kommst mit in den Gerichtssaal", sagte er langsam, "und wirst das alles dem Richter erzählen, in genau denselben Worten." |
Kommentare erübrigen sich, die Bezüge das Rechtsempfinden und die offizell opportune Art des Umgangs mit Mensch und Natur in Gesellschaften wie unserer sind offensichtlich...